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Zum Verhältnis von Logik und Rationalität
Die Philosophie gilt als Mutter aller Wissenschaften. Erst aus ihren grundlegenden Fragestellungen heraus, konnten sich die heutigen Einzelwissenschaften überhaupt entwickeln. Und noch heute stellt die Philosophie immer wieder vermeintliche Selbstverständlichkeiten auf den Prüfstand der Vernunft. Was wissen wir wirklich über die Welt? Und was wissen wir eigentlich über uns? Im Kontext der philosophischen Praxis spielen Logik und Rationalität eine entscheidende Rolle. Doch obwohl beide Elemente eng miteinander verknüpft sind unterscheiden sie sich doch in ihrer Definition. Rationalität bezieht sich auf die Fähigkeit des Menschen, vernünftige Entscheidungen auf der Grundlage von Überlegungen und Schlussfolgerungen zu treffen. In der Philosophischen Praxis bedeutet dies, dass Klienten dazu ermutigt werden, ihre Gedanken und Überzeugungen…
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Was ist eine Philosophische Praxis?
Eine Philosophische Praxis versteht sich als Erfahrungsraum von angewandtem Denken. Manch einer bezeichnet sie als alternative zum klassischen Heilkonzept der Psychotherapie. Dabei geht es der Philosophie aber nicht um Heilung, sondern um Haltung. Um die individuelle Haltung zu sich und seiner Umwelt. Um die Art und Weise, wie Menschen mit der Welt und ihrem eigenen Leben – mit all den Wiedersprüchen, Schicksalen und Eingebundenheiten – umgehen. Und warum. Die Philosophie gibt uns ein Werkzeug an die Hand, mit denen wir gesellschaftliche Normen, familiäre Prägungen und verinnerlichte Leitbilder analysieren, dekonstruieren und schließlich überprüfen können. Um sie gegebenenfalls mit eigenen, authentischen Werten und Zielen zu ersetzen. Und damit sich Selbst zu rekonstruieren.…
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Das Verhältnis von Individualität, Gemeinschaft und Masse
Wer seine Individualität auslebt ist nicht gemeinschaftstauglich? Ein Vorurteil, das mir immer wieder begegnet. Was aber auf einem begrifflichen Missverständnis beruht: Individualität ist nicht gleich Egoismus oder Egozentrik. Während wir mit letzteren Eigenschaften tatsächlich an die Grenzen der Sozialverträglichkeit stoßen, schaffen wir mit dem Leben der eigenen Individualität erst die Bedingung für Gemeinschaft. So sieht das auch Viktor Frankl: Gemeinschaft und individuelle Existenz konstituieren einander. Er veranschaulicht diese These mit dem Vergleich eines Mosaik-Werks: Der einzelne Stein- mag er auch noch so bunt sein – wird nur durch das Gesamte, die Anordnung mehrerer individueller Steine zu Mosaik. Während die vielen kleinen, unterschiedlichen Steine also das Mosaik-Werk hervorbringen, macht das Mosaik-Werk den…
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Neurosen & Psychosen
Neurosen und Psychosen spielen eine wesentliche Rolle in der Psychologie – sei es nun im erkenntnistheoretischen oder therapeutischen Kontext. Dennoch ist hier Vorsicht geboten, denn es handelt sich um Pathologisierungen, die auch immer mit dem Zeitgeist in Verbindung stehen. Nicht selten in der Geschichte wurde diese Form von Pathologisierung als politisches oder gesellschaftliches Machtinstrument genutzt. Wer krank ist, den muss man nicht ernst nehmen. Und somit ist jegliche Bedrohung der eigenen Wahrnehmung oder Anschauung, jede Kritik, jeder Störfaktor vom Tisch. Diese Problematik wird in den Geisteswissenschaften nach wie vor breit diskutiert. Vor allem die Frankfurter Schule hat sich damit ein Gebiet erschlossen, das nach wie vor nicht an Relevanz verliert.…
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Freiheit, Schicksal und Verantwortung
Freiheit. Ein Begriff, der in unterschiedlichsten Kontexten immer wieder verteidigt, erstrebt und gefordert wird. Und das ist auch richtig. Aber: die Freiheit hat auch eine nicht zu unterschätzende Kehrseite, die oft ausgeblendet wird: Nämlich die der Verantwortung. Schon Sartre machte dieses Phänomen zum Kernargument seiner Überlegungen und kommt zu dem Schluss: Freiheit ist nicht nur ein Geschenk, sondern wir sind auch zu ihr verdammt. »Frei sein heißt zum Freisein verurteilt sein.« Jean-Paul Sartre Verurteilt sind wir deshalb, weil wir uns nicht selbst erschaffen haben sondern wie auch immer erschaffen worden sind. Und gerade weil wir in die Welt geworfen sind, müssen wir uns zu ihr verhalten. Müssen Entscheidungen treffen und…
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Der Aufgabencharakter des Lebens
Der Aufgabencharakter des Lebens ist ein Konzept von Viktor Frankl, indem das Leben als etwas postuliert wird, das zu ver-antworten ist. Die Verantwortung des Menschen ist es, seine spezifischen Aufgaben seines individuellen Lebens zu bewältigen. Die Aufgaben sind dabei nie dieselben, sondern immer abhängig von der Einzigartigkeit der Person, die sie zu bewältigen hat und von der Einmaligkeit der Situation, in der sie verhaftet ist. Jede Situation erschafft für jede Person individuelle Möglichkeiten, die es gilt zu erkennen und zu verwirklichen. Eben das ist laut Frankl seine Aufgabe und damit auch der Sinn seines Lebens. Die Schwierigkeit besteht darin, dass diese sinnstiftenden Möglichkeiten oft nicht erkannt werden und sich dadurch…
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Frankls 10 Thesen über die Person
Was ist eigentlich eine Person, wie definieren wir den Menschen? Viktor Frankl, Begründer der Existenzanalyse und Logotherapie formuliert 10 Thesen, die seinem Menschenbild zugrunde liegen.
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Ambivalenz vs. Individualität
Ich mach es, ich mach es nicht… Sind wir in unserer Persönlichkeit hinsichtlich gewisser Entscheidungen manchmal tatsächlich gespalten? Rudolf Dreikurs behauptet: Keineswegs. In seinem individualpsychologischen Klassiker, indem er die Lehren Adlers zusammenfasst und interpretiert, geht er von einer unteilbaren, individuellen (in-dividere) Persönlichkeit aus. Ganz im Gegensatz zum Common-Sense der damaligen Wissenschaft: Diese betrachtete den Menschen nämlich als grundsätzlich ambivalent, hin- und hergerissen zwischen verschiedenen Kräften: Verstand und Gefühl, Bewusstsein und Unbewusstsein, Subjekt und Objekt… Ein Bild, das auch heute noch stark kursiert. Für Adler ist dieser Dualismus ein Selbstbetrug, eine Konstruktion von Gegensätzen, die das eigentliche Ziel des Menschen verschleiern soll. Immer dann, wenn ein Mensch sich nicht offen zu…
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Das Gemeinschaftsgefühl
Die Gemeinschaft nimmt in der Lehre Adlers ein Schlüsselelement ein. Die Gemeinschaft ist maßgeblich bedeutsam für die Entwicklung des menschlichen Charakters. Jedes pathologische Symptom hängt nach Adler mit der Haltung eines Menschen zu seiner Umwelt zusammen. Er argumentiert das folgendermaßen: Der Mensch ist auf die Gemeinschaft angewiesen, wie kein anderes Lebewesen. Das begründet sich allein schon aus seiner Biologie: Die Bedürftigkeit eines Säuglings veranschaulicht dies – kein Menschenkind wäre ohne die Gemeinschaft auch nur annähernd lebensfähig. Allerdings beschränkt sich Adler mit seiner Argumentation nicht auf die Biologie – im Gegenteil. Die Besonderheit seines Ansatzes ist gerade die Abkehr von der biologistischen Persönlichkeitslehre. Und seine Hinwendung zu einer sozialen: Im Mittelpunkt…
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Die Lebensaufgaben nach Adler
Glück und Zufriedenheit hängen in der Individualpsychologie Alfred Adlers maßgeblich von unserem Gemeinschaftsgefühl ab: Der Art und Weise, wie wir Beziehungen und Gemeinschaft gestalten. Ein wichtiges Element in seiner Theorie sind die Lebensaufgaben, welche die Forderungen der menschlichen Gemeinschaft repräsentieren: Beruf, Liebe und soziale Eingliederung. In all diesen Lebensbereichen geht es um harmonische und respektvolle Beziehungen, die eine Anerkennung der eisernen Logik menschlicher Gleichwertigkeit erfordern. Das Gemeinschaftsgefühl muss dabei mit dem eigenen Selbstwertgefühl kohärent sein um weder eine Überanpassung (auf Kosten der Individualität) noch eine Unteranpassung (auf Kosten der Gemeinschaft) zu erzeugen. Mehr zum Verhältnis Individualität, Gemeinschaft und Masse hier. Sobald die eiserne Logik menschlicher Gleichwertigkeit gebrochen wird, indem wir…