Eine Philosophische Praxis baut auf der Eigenverantwortung
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Freiheit, Schicksal und Verantwortung

Freiheit. Ein Begriff, der in unterschiedlichsten Kontexten immer wieder verteidigt, erstrebt und gefordert wird. Und das ist auch richtig. Aber: die Freiheit hat auch eine nicht zu unterschätzende Kehrseite, die oft ausgeblendet wird: Nämlich die der Verantwortung.

Schon Sartre machte dieses Phänomen zum Kernargument seiner Überlegungen und kommt zu dem Schluss: Freiheit ist nicht nur ein Geschenk, sondern wir sind auch zu ihr verdammt.

»Frei sein heißt zum Freisein verurteilt sein.«

Jean-Paul Sartre

Verurteilt sind wir deshalb, weil wir uns nicht selbst erschaffen haben sondern wie auch immer erschaffen worden sind. Und gerade weil wir in die Welt geworfen sind, müssen wir uns zu ihr verhalten. Müssen Entscheidungen treffen und für diese auch einstehen. Verantwortung tragen. In der Verantwortung steckt die Antwort, die wir dem Leben schuldig sind. Die Antwort auf die Umstände, in die wir geworfen sind.

Denn von den Umständen – unseren Schicksalen – können wir uns nicht befreien. Wir können uns nur zu ihnen verhalten.

Freiheit und Schicksal

Viktor Frankl etwa, unterscheidet drei verschiedene Schicksale des Menschen und beschreibt damit das, was außerhalb der eigenen Entscheidungsmacht liegt:

Das biologische Schicksal

Die Anlage des Menschen: sein organisches Geschehen. Genetische Vererbungen etwa, Krankheiten oder körperliche Handicaps.  

Das psychologische Schicksal 

Die seelische Einstellung: sofern sie unfrei ist und ihren Gestaltungsspielraum bzw. die Eigenverantwortung von sich weist. Bis sie sich in eine freie geistige Stellungnahme zur (Um-)Welt transformiert. 

Das soziologische Schicksal 

Die Lage eines Menschen: sein sozialer Zusammenhang. Die gesellschaftlichen Umstände, in die er hineingeboren ist oder gerät.

Die Unabänderlichkeit des Schicksal ist ihr wesentlicher Bestandteil. Was jedoch nicht bedeutet, Vergangenes, Unabänderliches, fatalistisch zu betrachten. Im Gegenteil: Die Freiheit des Menschen entwächst eben seinem Schicksal. Er ist stets frei darin, sich seinem Schicksal gegenüber zu verhalten. Das Schicksal ist wie der Rahmen der Freiheit, die den Menschen bestimmt. Grenzenlose Freiheit hätte keinen Bestand, sie würde im Nichts vergehen und sich damit selbst auflösen. Das Schicksal verleiht der Freiheit also überhaupt erst ihr Dasein. Und damit eben auch dem Menschen.

»Das Schicksal gehört zum Menschen wie der Boden, an den ihn die Schwerkraft fesselt, ohne die aber das Gehen unmöglich wäre. Zu unserem Schicksal haben wir zu stehen wie zu dem Boden, auf dem wir stehen – ein Boden, der das Sprungbrett für unsere Freiheit ist.«

Viktor Frankl

Freiheit und Verantwortung

Verantwortung ist auch nach Frankl etwas dem Menschen zutiefst wesentliche. Zugleich wirkt es aus zwei Richtungen auf den Menschen ein: Es ist dasjenige, wozu man gezogen wird, und – dem man sich entzieht. Gezogen aufgrund der menschlichen Essenz, entzogen aufgrund des Schreckens der darin enthalten ist: die Tatsache, dass wir selbst Verantwortung für unsere Entscheidungen tragen (müssen), schließt mit ein, dass wir auch verantwortlich für deren Konsequenzen sind. Jeder Augenblick, über dessen Ausgang ich entscheide, birgt unzählige Möglichkeiten. Eine davon kann ich verwirklichen, die restlichen verwirken. Mit jeder Entscheidung für etwas, entscheide ich mich automatisch gegen den Rest. Alle anderen Möglichkeiten werden nie sein, während allein die Möglichkeit, die ich wähle, zur Wirklichkeit wird.

Und eben darin zeigt sich die Last der Freiheit. Die aber gleichzeitig auch eine ungeheure Macht in sich trägt: Denn unsere Entscheidungen gestalten unsere Zukunft und die unseres Umfelds maßgeblich mit. Was ich durch meine Entscheidung verwirkliche – so Frankl – rette ich in die Wirklichkeit hinein und bewahre es so vor der Vergänglichkeit.

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