Definitionen & Begriffe,  Theorien & Konzepte

Der Käfer in der Schachtel

»Angenommen, es hätte jeder eine Schachtel, darin wäre etwas, was wir ‚Käfer‘ nennen. Niemand kann je in die Schachtel des Anderen schauen, und jeder sagt, er wisse nur vom Anblick seines Käfers, was ein Käfer ist. […] Das Ding in der Schachtel gehört überhaupt nicht zum Sprachspiel, auch nicht einmal als ein Etwas, denn die Schachtel könnte auch leer sein.«

Wittgenstein (PU 293)

Mit diesem Gedankenexperiment weißt Wittgenstein auf eine interessante Thematik hin, die uns auch im Alltag immer wieder begegnet: Es geht dabei um Sprache und ihre soziale Funktion. Sprache, so Wittgenstein, entsteht aus einer gemeinsamen Nutzung von Regeln und Bedeutungen. Sie benötigt externe Referenzen zur Überprüfung, einen gemeinsamen Bezugsrahmen, der außerhalb unserer Selbst liegt. Ist dies nicht gegeben, handelt es sich um »Privatsprache«.

Mit Privatsprache sind sprachliche Elemente gemeint, die außerhalb unseres Erkenntniszugangs liegen. Private Empfindungen und innere Vorgänge, wie etwa Schmerz oder Trauer. Wir alle haben eine ungefähre Vorstellung von diesen Begriffen- aber wissen wir wirklich wie sich der Schmerz des anderen anfühlt? Was genau diese Empfindung für ihn oder sie bedeutet? Wir können es nicht wissen… Nur der Sprecher selbst kennt die genaue Bedeutung der Begriffe, die er in seiner (Privat-)Sprache nutzt. In intersubjektiven Sprachspielen lernen wir zwar den Umgang mit solchen Begriffen, aber nie ihre unmittelbare Bedeutung im Sinne einer allgemeinen Definition.

Innere Vorgänge können also nur über äußeres Verhalten analysiert werden. Äußeres Verhalten entspringt allerdings meist einer Reaktion auf einen Reiz, der diesen inneren Vorgang aktiviert hat. Solange wir diesem Reiz-Reaktionsmuster unterliegen bleiben wir in unserer Privatsprache gefangen und können uns nicht wirklich verständlich machen. Wir drehen uns im wahrsten Sinne um und in uns selbst. Fühlen uns unverstanden und im schlimmsten Falle einsam.

Tatsächlich gibt es aber einen Weg nach draußen – raus aus sich selbst, hinein in das soziale Gefüge, die Gemeinschaft: Zwischen Reiz und Reaktion- hier spreche ich mit Frankl – liegt nämlich ein Raum, in dem wir wählen können. Wenn wir unsere Reaktion frei bestimmen, beeinflussen wir damit sowohl unsere inneren Vorgänge, wie auch das äußere Verhalten und nehmen unser Schicksal damit selbst in die Hand.

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